Die aktuelle Herbstsemesterausstellung der vhs Weimar ist eine dem Karikaturisten J. D. Kirszenbaums (1900-1954) gewidmeten Ausstellung, die von über 30 weiteren Volkshochschulen in Deutschland übernommen und auch in Berlin und Paris präsentiert wird. Seine Arbeiten werden auf Ausstellungstafeln durch Zeitungsberichte, Fotos, historische Dokumente und Texte erläutert und in ihren gesellschafts- und kulturpolitischen Zusammenhängen dargestellt.
Und wer war J. D. Kirszenbaum?
Er war ohne Zweifel ein Maler und Karikaturist von hoher künstlerischer Qualität, was ihm Anerkennung am Bauhaus in Weimar ebenso wie in der Berliner und später auch in der Pariser Kunstszene verschaffte. Gleichermaßen beeindruckend wie bedrückend ist allerdings sein Lebensweg vom polnischen Schtetl nach Montmartre, mehrfach verbunden mit erheblichen kulturellen Brüchen und Neuanfängen und nicht zuletzt mit der Verfolgung durch die Nationalsozialisten und der Ermordung seiner Ehefrau in Auschwitz. Kirszenbaum wird als jüngstes Kind des Rabbis Meir Nathan Neta Kirszenbaum und seiner Ehefrau Rachel Alta in Staszów, einhundert Kilometer nordöstlich von Krakau gelegen, im damals russisch regierten Kongresspolen geboren. Seine Eltern wollen ihn nach dem Tod seiner älteren Brüder ebenfalls zum Rabbiner ausbilden lassen. Doch obwohl Kirszenbaum der jüdischen Religion sein Leben lang eng verbunden bleibt, steht er ihr auch kritisch gegenüber. Er flieht vor dem Polnisch-Sowjetischen Krieg und geht 1920 als Bergmann nach Duisburg. Sein Talent qualifiziert ihn zu einem Studium am Bauhaus von 1923 bis 1925. Im Jahr darauf lebt er in Berlin, stellt bald unter anderem in der Galerie „Der Sturm“ von Herwarth Walden aus und verdient seinen Lebensunterhalt als Karikaturist für verschiedene Satire-Magazine. Dies macht ihn zu einem kritischen Zeitzeugen der Tagesfragen wie schließlich auch des Untergangs der Weimarer Republik. Kirszenbaums Karikaturen trafen den damaligen Zeitgeist und sind auch heute noch aktuell wie eh und je: Windige Kaufleute, die skrupellos Gewinne mit dubiosen Geschäften machen, haben wir auch während der Corona-Krise erleben müssen. Korrupte Politiker, die Gleichstellung der Frau oder aber auch der erstarkende Antisemitismus sind weitere Themen, denen der Künstler Kirszenbaum sich in seinen Karikaturen widmete und die bis heute an Aktualität nicht verloren haben.
Zur Eröffnung war Nathan Diament, ein Großneffe Kirszenbaums, aus Tel Aviv zugeschaltet und berichtet von seinen Recherchen, Forschungen und dem Bemühen J. D. Kirszenbaum dem Vergessen zu entreißen. Die vhs Weimar ist froh, dazu beitragen zu dürfen und hat eine extra Webseite für die Ausstellung erstellt. Dort gibt es einen akustischen Ausstellungs-Rundgang und weitere Angeboten wie Videos und Podcasts, so etwa ein Gespräch mit Nathan Diament: https://kirszenbaum.vhs-weimar.de/